Definition Process Mining
Process Mining bezeichnet Techniken des Prozessmanagements, um die Information undokumentierter Prozessmodelle aus Ablaufprotokollen zu gewinnen. Man setzt es ein, wenn Geschäftsprozesse, die optimiert werden sollen, nicht oder unzureichend formal dokumentiert sind. Dies trifft nicht selten für traditionell abgewickelte Geschäftsprozesse zu. Außerdem lassen sich die Prozesse mit Process Mining objektiv und in beliebiger Detailiertheit darstellen. Damit ist Process Mining ein innovatives Werkzeug für die zukunftsfähige Organisation von Unternehmen.
Arbeitsweise
Process Mining legt Prozessmodelle offen, nach denen Ablaufprotokolle, die aus Daten in der Form von Prozessschritten mit Zeitstempel bestehen, zustande kommen. So können Geschäftsprozesse nur auf Basis von Ereignisprotokollen in IT-Systemen rekonstruiert und analysiert werden. Aus den gespeicherten Einzelschritten des Protokolls wird das Prozessmodell in seiner Gesamtheit rekonstruiert. Dazu untersuchen Data Mining-Algorithmen die Ereignisprotokolldaten auf Muster hin. Mit Process Mining wird es möglich, das implizite, nicht unmittelbar offenliegende Prozesswissen zu modellieren und somit nutzbar zu machen.
Techniken dieser Art werden häufig eingesetzt, wenn eine formale Beschreibung der Prozesse nicht durch andere Herangehensweisen möglich ist oder aber wenn die Qualität der vorhandenen Prozessdokumentation fragwürdig ist.
Liegt das Prozessmodell bereits vor, kann Process Mining genutzt werden, um die Daten von Ablaufprotokollen mit dem Modell abzugleichen. Process Mining kann darüber hinaus das Modell durch einen Feedbackmechanismus selbst verändern und optimieren.
Das Ziel von Process Mining ist es, die Prozesseffizienz und das Prozessverständnis zu verbessern. Process Mining ist auch als automatisierte Geschäftsprozesserkennung (Automated Business Process Discovery, ABPD) bekannt.
Aktuelle Management-Trends wie Business Activity Monitoring (BAM), Business Operations Management (BOM) und Business Process Intelligence (BPI) sind Zeichen des großen Interesses daran, die Analysemöglichkeiten in diesem Bereich voranzutreiben.
Wie funktioniert Process Mining?
Die “IEEE Task Force on Process Mining” definiert folgende Process Mining-Typen:
Discovery
Aus vorliegenden Ablaufsprotokollen von Daten werden die zugrundeliegenden Prozesse rekonstruiert, ohne dass zuvor Informationen oder Modelle vorhandener Prozesse vorliegen. Process-Mining dient hier der reinen Gewinnung implizit vorliegender Prozesse. Dies ist die bekannteste Art von Process-Mining.
Conformance
Hierbei existiert schon ein Modell eines Prozessablaufs. Vorhandene Daten werden nun aufgrund des Modells und vorliegender Ablaufprotokolle auf Konformität zum vorhandenen Modell geprüft.
Ein Beispiel ist der Decision Miner, der ein A-priori-Prozessmodell verwendet und jede Auswahl im Prozessmodell analysiert. Für jede Auswahl wird im Ereignisprotokoll nachgeschlagen, welche Informationen normalerweise zum Zeitpunkt der Auswahl verfügbar sind. Anschließend werden klassische Data-Mining-Techniken verwendet, um zu sehen, welche Datenelemente die Auswahl beeinflussen. Als Ergebnis wird für jede Auswahl im Prozess ein Entscheidungsbaum generiert.
Enhancement
Auch hierbei liegt ein Modell des vorhandenen Prozesses schon vor. Anders als beim Conformance-Typ soll hier aber nicht nur auf Konformität hin geprüft werden, sondern gegebenenfalls das vorliegende Modell angepasst und erweitert werden. Ziel ist ein neues, besseres Modell des untersuchten Prozesses. Das Modell wird um neue Leistungsinformationen wie Bearbeitungszeiten, Zykluszeiten, Wartezeiten, Kosten usw. erweitert.
Eigenschaften und Besonderheiten. Warum sollte ich Process Mining nutzen?
Die Anwendung der Process-Mining-Methode kann auf ganz unterschiedliche Daten, wie die Prüfdaten eines Workflow-Managementsystems, die Transaktionsprotokolle eines Unternehmensressourcenplanungssystems oder die Patientendatensätze eines Krankenhauses erfolgen. Die Ereignisprotokollanalyse kann auch verwendet werden, um Ereignisprotokolle mit früheren Modellen zu vergleichen.
Process-Mining kann dort eingesetzt werden, wo ein Prozess in einzelnen Schritten einheitlich in einem IT-System gespeichert wird, so dass die Abfolge und Zusammengehörigkeit der Schritte nachvollziehbar ist. Ein Prozess- oder Ablaufprotokoll stellt diese Nachvollziehbarkeit sicher. Das trifft insbesondere auf Workflows zu, das sind formal beschriebene Geschäftsprozesse, die in Workflow-Management-Systemen gespeichert und verwaltet werden. Die gespeicherten Schritte ergeben in ihrer Gesamtheit einen Prozess, der mittels Process-Mining erkannt und rekonstruiert werden kann. Auf diese Weise können z.B. der Verlauf von Tickets in einem Ticketsystem, die Transaktionen eines Enterprise Resource Planning-Systems oder Behandlungspfade von Patienten eines Krankenhauses dargestellt werden. Typische Anwendungsfelder von Process-Mining ist die Prozessharmonisierung über verschiedene Organisationseinheiten hinweg, die Prozessoptimierung hinsichtlich Prozesskosten, Prozessstabilität und Durchlaufzeiten sowie die Durchsetzung von Compliance-Anforderungen.
Wie kann ich Process Mining nutzen?
Open Source Process Mining Software liegt z.B. mit ProM von der TU Eindhoven vor. Proprietäre kommerzielle Lösungen sind z.B. QPR ProcessAnalyzer für die automatisierte Business Process Discovery (ABPD) und LANA Process Mining & Conformance Checking, das alle drei Process Mining-Typen Discovery, Conformance und Enhancement abdeckt.
Fazit
Process Mining hat sich als neue Disziplin zwischen Business Intelligence und Data Mining etabliert. Die diagnostischen Fähigkeiten von Process Mining-Verfahren erleichtern und beschleunigen das Erkennen von ineffizienten Geschäftsprozessen. Die detailierten Analysemöglichkeiten eröffnen Anwendungsmöglichkeiten für Optimierung von Prozessabläufen aller Art. Und das auf Basis objektiver Bewertung der Prozesse. Eine derartige neue Perspektive auf Geschäftsprozesse fehlt heute noch vielen Unternehmen und auch externen Beratern.