Die Automation von Prozessen ist heute in vielen Bereichen – von der Industrie über die Verwaltung bis zu der Steuerung von vernetzten IoT Devices wie Smart TV oder der Beleuchtung – zum Alltag geworden. Aufgrund der bislang hohen Investitions- und Entwicklungskosten wird die Automation bislang jedoch fast ausschließlich bei Großprojekten eingesetzt. Durch seine vielseitigen Schnittstellen bietet der Raspberry Pi hingegen die Möglichkeit, diese Technologien für einen geringen Preis im eigenen Haus zu erproben.
Vernetzung über Funk, Infrarot, Kabel und das LAN
Obwohl mittlerweile immer mehr Geräte mit einer Netzwerkanbindung ausgestattet werden, dürften wohl die wenigsten Haushalte über vernetzte Waschmaschinen, Lichtschalter oder Kühlschränke verfügen. Grundlage des Smart Homes ist jedoch die Verfügbarkeit von Informationen und die Fähigkeit, mit externen Schaltkreisen zu interagieren. In seiner Basisversion bietet der Raspberry Pi dafür lediglich das LAN und WLAN an, lässt sich aber zum Glück über seine GPIO-Schnittstelle mit zahlreichen anderen Verfahren erweitern. Sensormodule sind unter anderem für RFID, Bluetooth, die Fernsteuerung über Funk und die Kontrolle mittels einer Infrarot-Fernbedienung erhältlich. Darüber hinaus bietet die GPIO selbstverständlich die Möglichkeit, direkt eine elektronische Steuerung mittels einer Verdrahtung der entsprechenden Pins zu nutzen. Eine komplexe Infrastruktur erfordert hingegen Protokolle wie Fieldbus oder Zigbee, mit denen zahlreiche Instanzen parallel überwacht und angesprochen werden.
Lokale Montage oder intelligente Zentralsteuerung
Bei jedem Projekt stellt sich Dir als Erstes die Frage, ob du den Raspberry Pi für eine konkrete, autonome Anwendung oder als zentralen und interaktiven Steuerserver einsetzen möchtest. Bei der ersten Anwendung ist es ausreichend, die Schnittstellen entsprechend zu verbinden und eine Routine für deren Zugriff zu entwickeln. Bei der zweiten Option musst Du zusätzlich einen geeigneten Zugriff schaffen, mit dem Du Funktionen beispielsweise über eine Fernbedienung oder ein Smartphone aufrufen kannst.
Als konkretes Beispiel können folgende Szenarien dienen: Im ersten Fall soll etwa der Zustand eines oder mehrerer Sensoren überwacht und bei einer Änderung eine entsprechende Reaktion eingeleitet oder eine externe Peripherie wie eine Lichterkette direkt angesprochen werden. Im zweiten Fall wartet ein Server auf Eingaben, um eine Tür zu öffnen, die Heizung zu regulieren, die Beleuchtung ein- und auszuschalten oder Multimedia-Inhalte auf einem bestimmten Gerät zu starten.
Für den Empfang entsprechender Befehle bieten sich unterschiedliche Alternativen an. Die einfachste ist der Zugriff über das Netzwerk und die Steuerung über eine App oder ein Webinterface oder eine geeignete Infrarot Fernbedienung mit einem zusätzlichen Empfänger. Für alle Varianten existiert bereits frei verfügbare und nach Open Source lizenzierte Software, die sich individuell an Deine Bedürfnisse anpassen lässt. Die Sprachsteuerung ist ebenfalls möglich, sofern Du ein Mikrofon über USB anschließt. Für diesen Zweck bietet sich sowohl Amazon Alexa wie auch Google Assistant an, die beide die bislang am weitesten entwickelte und zuverlässigste Erkennung bieten. Über Javascript kannst Du beide Systeme einbinden und individuelle Aktionen in Python Skript definieren.
Ein modulares System zur individuellen Konfiguration
Der Raspberry Pi wurde ursprünglich als kostengünstiger Embedded PC für die universelle Verwendung in unterschiedlichen Einsatzbereichen entwickelt. Das ausdrückliche Ziel war es, eine Plattform mit zahlreichen Schnittstellen und geringen Investitionskosten zu schaffen. Dieses Konzept birgt für Dich den großen Vorteil, dass Du sein Potential schrittweise erweitern und neue Hardware einbinden kannst. Für die Automation ist neben USB und dem Zugriff über das Netzwerk vor allem die GPIO interessant. Diese besteht aus 40 Pins, von denen acht für die Erdung, zwei für eine Versorgungsspannung mit 5 Volt und 26 für die Signalübertragung reserviert sind. Diese Anschlüsse können sowohl als Input als auch als Output dienen und so beispielsweise Daten von Sensoren auslesen oder an einen externen Aktor senden. Dabei musst Du berücksichtigen, dass der Verbrauch durch die geringe Leistung des Netzteils eingeschränkt ist. Eine Ansteuerung von LED Lichtern ist durchaus möglich, der Betrieb von größeren Abnehmern wie einem Motor erfordert jedoch eine zusätzliche Stromquelle.
Dank der Popularität des Raspberry Pi existieren eine Vielzahl von Sensoren und Zusatzmodulen, die sich ohne großen Aufwand mit der GPIO verbinden lassen. Darunter fallen zum Beispiel Temperatur- und Spannungsmesser, ein Eingang für Infrarot-Fernbedienungen (Irda), fotosensible Erweiterungen für eine Lichtschranke und sogar Messgeräte für Gase oder Feuchtigkeit. Gleichzeitig lassen sich andere Ports als Aktor definieren, der direkt eine Reaktion auf bestimmte Ereignisse auslöst. Die Programmierung ist über frei verfügbare Anwendungen oder auch manuell mittels Sprachen wie Python möglich, das zu diesem Zweck einen umfangreichen Befehlssatz zur Verfügung stellt.
Möglichkeiten und Grenzen des Raspberry Pi
Bei allen Anwendungen musst Du bedenken, dass der Raspberry Pi in erster Linie für die experimentelle Entwicklung entworfen wurde. Das bedeutet, dass er sich zwar in der Regel ohne Probleme für produktive Systeme einsetzen lässt, dabei jedoch eine alternative Lösung nicht vernachlässigt werden darf. Viele der Projekte befinden sich noch in einem Alpha- oder Beta-Status und sind nicht für den praktischen Einsatz optimiert. Kritische Anwendungen wie etwa das Heizen von Wohnflächen, die Zugangskontrolle von Gebäuden oder das Monitoring von Elektrogeräten stellen für Dich deshalb eine Option dar und sollten keinesfalls als primäre, nicht ersetzbare Steuereinheit betrachtet werden. Wie bei allen wichtigen Systemen gilt hier das Prinzip der Redundanz, bei dem jede Funktion im Falle eines Versagens durch eine unabhängige Instanz übernommen wird. Trotz dieser Einschränkung eignet sich der Raspberry Pi für den alltäglichen Gebrauch, sofern Du die Betriebsparameter einhältst. Dabei solltest Du sowohl die Spannungsversorgung inklusive der Peripherie wie auch die Tatsache beachten, dass der Embedded PC lediglich für den Betrieb innerhalb gewöhnlicher Raumtemperatur und nicht für den Außeneinsatz ausgelegt ist.