… und das zähe Ringen um die gut ausgebildeten Fachkräfte in Österreich
Schon bevor die Corona-Pandemie die Welt in Atem hielt, war in Zentraleuropa der Mangel an geeigneten Fachkräften deutlich spürbar. Das hatte einerseits mit den niedrigen Arbeitslosenzahlen zu tun und andererseits mit dem Umstand, dass viele Auszubildende einfach nicht den Anforderungen in der Berufswelt gewachsen sind. Jene, die mit eigenem Können zu überzeugen wissen, tun sich mehr als leicht, einen interessanten und auch gut dotierten Job zu finden.
Aber nicht nur bei der jüngeren Generation, sondern auch bei den Bevölkerungsgruppen mit langjähriger Berufserfahrung ist der Fachkräftemangel eklatant und wird in vielen unterschiedlichen Wirtschaftszweigen sichtbar.
Am Beispiel Österreich zeigt sich, dass 2019 in fast allen Bereichen der Wirtschaft der Fachkräftemangel noch einmal zugenommen hat. Einer Befragung unter 4.600 österreichischen Betrieben und sekundärstatistischen Analysen zufolge leiden demnach 46 Prozent der österreichischen Firmen unter einem „sehr starken“ Fachkräftemangel und weitere 29 Prozent unter einem „eher starken“ Mangel.
Vom Mangel an geeignetem Personal besonders betroffen sind die Sektoren Bau, Tourismus, der handwerklich-technische Bereich, mittelgroße Betriebe und vor allem der Westen Österreichs. Besonders schwierig ist, wenn man die Bildungsabschlüsse betrachtet, die Besetzung offener Stellen bei Absolventinnen und Absolventen einer Lehre.
Demographische Entwicklung verschärft den Fachkräftemangel
Wie auch in anderen Staaten ersichtlich, liegt eine der Ursachen für den Fachkräftemangel in der demografischen Entwicklung – eine weitere Verschärfung ist hier zu erwarten. Denn gemäß dem Hauptszenario der Bevölkerungsstatistik, erhoben von der Statistik Austria, wird die Zahl der 20- bis 60-Jährigen, also jene Altersgruppe, die normalerweise im Erwerbsleben steht, ab dem Langzeithöhepunkt im Jahr 2018 (5.046.071 Personen) bis zum Jahr 2030 um mehr als 250.000 auf 4.788.470 Personen zurückgehen.
Noch drastischer sehen die Zahlen aus, wenn man davon ausgeht, dass es keine Zuwanderungen nach Österreich, jedoch Abwanderungen gibt. Dann ist die Zahl 2030 gegenüber 2018 um weitere 400.000 Personen niedriger. Bei der Analyse, die Ende 2019 vorgestellt wurde, betonen die Autoren, dass in Österreich seit rund 70 Jahren ein relativ kontinuierliches Beschäftigtenwachstum zu beobachten ist. In Zeiten der Corona-Pandemie sind sowohl die Arbeitslosenzahlen als auch die Zahl jener Personen, die sich aktuell in Kurzarbeit befinden, in die Höhe geschnellt. Welche Entwicklungen die Corona-Krise auf den Arbeitsmarkt der Zukunft haben wird, lässt sich aktuell noch nicht ableiten.
Befragung stellt fest: Dauer der Suche nach geeignetem Personal nimmt stetig zu
Auch diese Entwicklungen könnten den Fachkräftemangel weiter verschärfen, beispielsweise wenn die Grenzen weiterhin geschlossen bleiben und die Arbeitsmigration damit zum Erliegen kommt.
Die Befragung unter den 4.600 WKÖ-Mitgliedsbetrieben kommt zu dem Schluss, dass der geschätzte Fachkräftebedarf in Österreich (in den damaligen Vor-Krisen-Zeiten) bei rund 207.000 Personen liegt. Schon damals beobachten die Firmen einen auf Jahressicht deutlich verschärften Fachkräftemangel:
- So hat beispielsweise in über 83 Prozent der Betrieben, die Erfahrungswerte bei der Personalsuche nach Fachkräften aufweisen, die Dauer der Personalsuche auf Jahressicht „deutlich“ (61,5 Prozent) bzw. „etwas“ (22 Prozent) zugenommen.
- Auch der Aufwand/die Kosten für die Personalsuche bei offenen Stellen für Fachkräfte sind im Jahresvergleich für 77 Prozent der Betriebe „deutlich“ (43,9 Prozent) bzw. „etwas“ (33 Prozent) gestiegen.
- Im Gleichschritt dazu hat sich die Zahl der unbesetzten/offenen Stellen für Fachkräfte in über 60 Prozent der Betrieben „deutlich“ (31,2 Prozent) bzw. „etwas“ (30,8 Prozent) erhöht.
- In lediglich sieben Prozent der Fälle ist die Zahl rückläufig gewesen.
- Vier Fünftel aller Betriebe berichten, dass die Zahl der Bewerbungen von Fachkräften „sehr“ (64 Prozent) bzw. „etwas“ (16,5 Prozent) zurückgegangen ist.
- 65 Prozent der offenen Stellen für Fachkräfte sind demnach bereits länger als sechs Monate unbesetzt.
- Stark nachgefragt werden aktuell Personen mit Lehrabschluss und jene, die zumindest über praktische Berufserfahrung verfügen. Die Unternehmen kämpfen hier mit dem (vor allem auch demographisch bedingten) Rückgang der Lehrlinge in den Jahren vor 2018.
IT- und Medienbranche mit viel Potenzial
Aber nicht in allen Wirtschaftssegmenten ist der Fachkräftemangel spürbar – sehr viel Potenzial und auch eine erhöhte Nachfrage von Seiten der potenziellen Arbeitnehmer verzeichnen aktuell die Bereiche Informationstechnologie (IT) und Medien. Neben jungen Menschen sind diese Ausbildungen auch für jene Personen interessant, die einen neuen beruflichen Weg einschlagen wollen.
Als Unterstützung in der Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung bzw. die Zusatzprüfung bieten Weiterbildungseinrichtungen, wie das Berufsförderungsinstitut – BFI –, das österreichweit in allen Bundesländern über einen oder mehrere Standort(e) verfügt, entsprechende Lehrgänge an.
Drei Berufsbilder mit guten Zukunftsaussichten
IT-Technik
Einer von den Lehrgängen des BFI ist die Vorbereitung im Bereich „IT-Technik“. Der Beruf des IT-Technikers ist vielfältig ausgestaltet und beginnt mit der Analyse des Bedarfs an EDV-Technik und der Erstellung EDV-technischer Konzepte für Kunden. Der IT-Techniker wählt Geräte und Programme aus, installiert, konfiguriert und wartet Geräte und Netzwerke sowie die erforderlichen Programme.
IT-Informatik
Darüber hinaus wird vom BFI auch ein Lehrgang zu „IT-Informatik“ angeboten. Ein IT-Informatiker erstellt Anforderungsanalysen für Software dem Kundenbedarf folgend sowie Konzepte für Programme und Benutzeroberflächen. Er programmiert Standard- und Branchensoftware bzw. installiert, konfiguriert und prüft Hard und Software.
Medienfachmann/frau-Mediendesign
Für den großen Bereich Medien hält das BFI einen Lehrgang zur Vorbereitung zum/r „Medienfachmann/frau-Mediendesign“ bereit. In diesem Berufsbild werden unter anderem Konzepte für Medienprodukte wie Broschüren oder Plakate, sowie Webseiten und Videos gestaltet. Kunden werden projektbezogen beraten und betreut, analoge Vorlagen werden zur weiteren Verwendung digitalisiert und Text-, Bild- und Videomaterial bearbeitet.
Die Aus- und Weiterbildungswilligen werden in vielen Bereichen auch finanziell unterstützt. Im Rahmen der Initiative „Fachkräfte braucht das Land“ werden beispielsweise im Bundesland Oberösterreich bei gekennzeichneten Vorbereitungskursen auf die Lehrabschlussprüfung 25 Prozent Ermäßigung für Mitglieder der Arbeiterkammer (AK) Oberösterreich gewährt.
Die Krise als Chance für den Neuanfang betrachten
Aufgrund der momentanen Herausforderungen denkt die eine oder der andere vielleicht bereits darüber nach, in Zukunft einen gänzlich anderen Beruf auszuüben.
Neben persönlichem Interesse, eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten muss aber unbedingt der Wille zum lebenslangen Lernen vorhanden sein. Gerade in Krisenzeiten zeigt sich, dass Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen nicht vernachlässigt werden dürfen.
E-Learning-Tools sind derzeit stark nachgefragt und auch die Aus- und Weiterbildungsinstitutionen haben auf diesen Trend reagiert und ihr Angebot entsprechend angepasst. Allerdings kann eine Online- eine Präsenzschulung in manchen Fällen nicht ersetzen – besonders in jenen Bereichen, in denen handwerkliche Fähigkeiten vermittelt werden. Vieles hängt auch vom jeweiligen Lerntyp ab: Während manche vom bloßen Zusehen Fertigkeiten erlangen, brauchen andere das haptische Erlebnis.
Eines scheint aber sicher: Mit einem Bildungsabschluss stehen in der beruflichen Zukunft viele unterschiedliche Wege offen.